Informationen über "Multiple kartilaginäre Exostosen (HME), EXT Gene und Heparansulfat" nach dem Artikel "HME, EXT genes and Heparan Sulfate" von Jeffrey D.
Esko, Ph. D., Universität von San Diego, San Diego (Rundbrief Nr. 3 vom 01.09.2000 der Selbsthilfegruppe in den USA, MHE Coalition)
Die multiplen kartilaginäre Exostosen sind dominante genetische Veränderungen, die sich aus normalerweise gutartigen knorpeligen Auswüchsen von verschiedenen Knochen
bilden. Letzte Forschungen verschiedener Laboratorien haben ergeben, dass die Krankheit und die Veränderungen der EXT Gene in einem Zusammenhang stehen, aus dem ein Komplexzucker oder
Mehrfachzucker, Heparansulfat genannt, entsteht. Seit Heparansulfat auf viele Faktoren des Zellwachstums einwirkt, wirft diese Entdeckung ein Licht auf die Ursache der Krankheit, und somit
könnten neue Behandlungsmethoden in Erwägung gezogen werden. Diese neuesten Entdeckungen haben auch das Interesse von Forschern, deren Forschungsgebiete in keinem Zusammenhang mit diesem Gebiet
stehen, geweckt.
Um diese neuesten Entdeckungen zu würdigen, wird es bald eine Beschreibung über Heparansulfat, EXT und die genetische Grundlage von HME geben. Wenn wir sagen, dass
HME eine dominante genetische Veränderung ist, dann meinen wir damit, dass die Ursache eine genetische Veränderung innerhalb eines Genes ist, das normalerweise von einem Elternteil auf sein Kind
übertragen wird. Die Forscher haben Tricks probiert; dabei wurden diejenigen Veränderungen, die mit HME in Verbindung stehen, mit einem von drei verwandten Genen zusammengebracht, die EXT1, EXT2
und EXT3 heißen. EXT1 und EXT2 wurden geklont, das bedeutet, dass wir die aktuelle Folge der DNA kennen, die die EXT1 und EXT2 Gene bilden. Die Reihenfolge der Gene sieht aus wie ein Plan, eine
Zeichnung, um spezifische Proteine in den Zellen herzustellen. Sprechen Genetiker von Veränderungen in EXT1 und EXT2, so meinen Sie die Veränderungen des Plans, der Zeichnung, der die
Unterschiede in den Proteinen, die Enzyme bilden, verursacht. Diese Proteine sind aus Aminosäuren und die Veränderungen, die mit den Exostosen in Verbindung stehen, wirken sich auf die
Proteinreihenfolge der Aminosäure aus.
Die EXT1 und EXT2 Gene sind beteiligt bei Menschen, anderen Säugetieren (z.B. Mäuse und Hamster) und sogar bei einfachen Organismen (z.B. Fliegen und Würmer). Diese
weitflächige Verteilung der EXT-Gene lässt vermuten, dass die Enzyme bildenden, kodierten Proteine grundsätzlich wichtig für die Zellen sind. In der Tat agieren EXT Proteine als Katalysatoren
(viele Proteine machen dies). Diese speziellen Katalysatoren, die sogenannten Enzyme, erleichtern es, eine chemische Bindung zwischen speziellen Zuckertypen, sogenannten N-Acetylglykosaminen
(abgekürzt GIcNAc)= (Anm.: kann Traubenzucker sein) und der glucoronic Säure (GIcA) herzustellen. GIcNAc und GIcA verbinden sich miteinander in einem abwechselnden Muster, um eine Verbindung mit
Riesenmolekülen-Polymer herzustellen, in diesem Fall ist es ein Mehrfachzucker, das Heparansulfat genannt wird (......).
Die erste Verbindung zwischen Heparansulfat und EXT Genen wurde von Frank Tufaro und seiner Gruppe an der Universität von British Kolumbien entdeckt. Tufaro
erforschte gerade den Herpes simplex Virus, und er und seine Mitarbeiter hatten gerade bewiesen, dass Heparansulfat benötigt wird, um den Menschen und die Zellen von Nagetieren zu infizieren.
Indem er einen Trick anwandte, stellte er fest, dass ein Gen für die Virusinfektion benötigt wird. Als er das Gen aneinander reihte, stellte er fest, dass es identisch mit dem EXT1 Gen ist. Zur
gleichen Zeit reinigten Ulf Lindahl und seine Gruppe in Uppsala, Schweden, die Enzyme, die zur Heparansulfatherstellung benötigt werden und bewiesen, dass sie identisch mit dem EXT2 Gen sind.
Meine Gruppe an der Universität von Kalifornien in San Diego hatten unlängst veränderte Hamsterzellen entdeckt, die nicht in der Lage waren, Heparansulfat herzustellen; durch diese neue
Information stellten wir fest, dass all unsere veränderten Zellen Veränderungen in den EXT1 Genen enthalten. Viele der menschlich veränderten EXT, erforscht in Säugetierzellen, sind nicht in der
Lage, die GIcNAc und GIcA Reaktionen zu katalysieren und eine chemische Reaktion auszulösen, was wiederum eine Verbindung zwischen HME und dem Verlust der Fähigkeit, Heparansulfat zu produzieren,
bestätigt.
Menschen mit HME haben viele verschiedene Veränderungen der EXT1und EXT2 (sogenannte ethiologische Veränderungen, seitdem man sie als Krankheitsursache darstellt).
Schaut man auf die äußere Form des EXT1 Gens, so stellt man fest, dass die Veränderungen an verschiedenen Stellen vorkommen, mit einigen mehr gemeinsamen Nennern als andere. Viele der veränderten
Hamsterzellen EXT1 tauchen an ähnlichen Stellen auf.
Eine Möglichkeit ist, dass die EXT Proteine wie ein Montageband handeln, wo Station A den GIcNAc Schritt und die Station B den GIcA Schritt macht. Es zeigt sich,
dass viele Veränderungen nur eines der Umspannungswerke beeinflusst und nicht die anderen. Aus Sicht eines Biochemikers sorgen die Veränderungen für Verständnis im Inneren der EXTs. Die Resultate
lassen auch darauf schließen, dass die Veränderungen in beiden Reaktionen die Krankheit verursachen können.
Nachdem die EXT Veränderungen die Fähigkeit unserer gezüchteten Hamster, Heparansulfat herzustellen blockieren, nehmen wir an, dass sie denselben Effekt in den
Zellen haben, die in Knorpel und Knochen, wo die Geschwülste entstehen, gefunden wurden. Jedenfalls ist diese doch ziemlich einfache Idee bislang noch nicht bestätigt worden, weil es schwierig
ist, die passenden Zellen und Gewebekulturen von Patienten zu erhalten. Jacqueline Hecht von der Universität Texas, Gesundheitsforschungszentrum in Houston, hat kürzlich Zellen von operativ
entfernten Proben von Geschwülsten erhalten. Hoffentlich werden wir bald wissen, ob die knorpelbildenden Zellen (Chondrozyten) das Heparansulfat herstellen und ob sie weniger GInNaC und GIcA
übertragbare Aktivität besitzen. Nachdem die EXT Veränderungen auch in anderen Zellen Veränderungen hervorrufen können (z.B. in Blutzellen), können wir vielleicht in der Lage sein, andere Typen
diagnostischer Prozeduren zu entwickeln, die auf biochemischen Analysen basieren, zuzüglich zu den genetischen Analysen, die bereits vorgestellt wurden.
Wenn Heparansulfat nahezu von allen Zellen im Körper produziert werden kann, warum befallen die Geschwulstveränderungen nur die Knorpel und Knochen? Wir wissen nicht
die Antwort auf diese Frage, aber die Lösung kann darin liegen, dass Heparansulfat dafür gedacht ist, im Zellwachstum, im Reifeprozess und in der Differenzierung zu agieren, so dass sich während
dieses Prozesses eine Zelle in viele verschiedene Zellentypen verändern kann. Heparansulfat ist für seine gegenseitige Einwirkung auf viele spezielle Proteine bekannt, die ihnen sagt, wann sie
sich zu teilen haben und wann sie sich in andere Zelltypen zu verändern haben. Es ist durchaus denkbar, dass der Rückgang von Heparansulfat, bedingt durch die EXT Veränderungen, eine Blockade im
normalen Informationsfluss aufbaut, die wiederum einen Kontrollverlust über die geschwulstbildenden Zellen hat. Warum sich dieser Effekt auf Knochen und Geschwulst beschränkt, ist unklar und
benötigt zusätzliche Forschung. Eine Annäherung an dieses Problem ist, ähnliche Veränderungen in Mäusen herzustellen, was bereits von Daniel Wells im Laboratorium der Universität Houston
untersucht wird.
Wie in jeder Forschung wirft jeder neue Schritt noch mehr Fragen auf. Die Fortschritte in der Forschung sind da, neue biochemische und genetische Verständnisse für
die Natur der Krankheit sollten hervorkommen. Obwohl es keine Garantie für eine Lösung für HME auf Grund der jüngsten Ergebnisse gibt, so wird uns doch die weitere Forschung auf diesem Gebiet
näher an die Ursache und eine mögliche Kontrolle über diese Krankheit bringen.
Wir danken Frau Heike Skierlo für die Übersetzung!
Erstveröffentlichung am 27.03.2002 - letzte Änderung/Überprüfung dieser Internetseite am 09.02.2017